Seit etwa 20 Jahren stecken die Kaufhäuser in der Krise. Nach und nach haben alle Kaufhausketten ihr Leben ausgehaucht. Nur die beiden ehemaligen Rivalen Karstadt und Galeria-Kaufhof sind noch übrig und haben fusioniert. Wenn zwei Halbtote sich vereinigen, kommt dabei trotzdem nichts Lebendiges heraus und so siecht auch die letzte verbliebene Kaufhauskette dahin. Es ist eine reine Zeitfrage, bis auch dieser letzte Saurier in Insolvenz geht. Denn das Konzept „Kaufhaus in der Innenstadt“ ist tot. Mausetot. Aber nicht nur das Konzept der Kaufhäuser ist von Gestern und hat keine Zukunft mehr. Die ganze Idee vom „Kaufhaus Innenstadt“ ist im Internetzeitalter obsolet.
Einkaufen in der Innenstadt? Ein Anachronismus im Internetzeitalter.

Wann war ich zuletzt bei Karstadt einkaufen? Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern. Es gibt dort nichts, was ich nicht bei Amazon oder sonstwo im Internet günstiger und schneller bekommen kann. Karstadt hat in Lüneburg sein Angebot über die Jahre immer weiter eingedampft. Nach und nach wurden die Camping-Abteilung, die Heimwerkerabteilung und die Elektronikabteilung geschlossen.
Um mir neue Unterwäsche oder eine Packung Pralinen zu kaufen, fahre ich aber nicht 10 km in die Stadt, parke dann gebührenpflichtig am Rand der Innenstadt und laufe dann noch knapp zwei Kilometer zu Fuß bis zum Kaufhaus. Das macht keinen Sinn. Wenn ich Dinge des täglichen Bedarfs kaufen will, die es nicht beim örtlichen EDEKA oder Aldi gibt, dann bestelle ich die Online. Und Bewegung verschaffe ich mir lieber im Wald.
Meine neuen Slips kann ich bei Amazon im 10er Pack ordern und die Dinger liegen am nächsten Tag im Briefkasten bzw. vor der Haustür. Das gleiche gilt für Jeans oder Socken. Wenn ich technische Geräte kaufen will, finde ich Internet alle wesentlichen Informationen und kann mich zehnmal besser selbst informieren. In einem Kaufhaus bekomme ich eine dürftige Beratung und habe wahrscheinlich eine viel geringere Auswahl.
Karstadt-Kaufhof ist ein typisches Zombieunternehmen. Alle weiteren Rettungsversuche werden den Untergang nur verzögern, aber nicht verhindern. Es gibt für das klassische Kaufhaus keine Geschäftsgrundlage mehr. Die Warenhäuser sind ein Relikt des 20. Jahrhunderts. Ein Überbleibsel des analogen Zeitalters.
Und was für Geschäfte gibt es sonst noch, um deretwillen ich noch in die Stadt fahren sollte?
In den letzten Jahren haben sich in allen deutschen Innenstädten die gleichen Geschäfte breit gemacht. Es macht keinen Unterschied, ob ich in der Innenstadt von Lüneburg, Kassel, Bochum, Flensburg oder Augsburg unterwegs bin:
Drogeriemärkte, Mobilfunkläden, die üblichen Geschenkartikelketten, Backshops und Klamottenläden wie Peek & Cloppenburg, C&A oder H&M dominieren die Straßen. Dazu ein paar Dönerläden, Nordsee, McDonald’s. Und natürlich der unvermeidliche Fielmann. Das wars im Wesentlichen.
Um Fastfood zu mir zu nehmen, muss ich nicht in die Stadt gurken, das geht auch am Stadtrand. Einen Optiker gibt es inzwischen auch bei mir im Dorf.
Die Grünen, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass es immer umständlicher und beschwerlicher geworden ist, in die Innenstadt zu gelangen, haben natürlich die üblichen Lösungsansätze: Es müssen neue Steuern her, die das Einkaufen bei Amazon und Co. verteuern. Absurd. Selbst wenn ich auf jeden Onlineeinkauf noch eine Zusatzsteuer zahlen muss werde ich deswegen nicht öfter im stationären Einzelhandel einkaufen.
Ich kaufe in Brick-And-Mortar-Shops was ich im Internet nicht ohne weiteres bekomme. Zum Beispiel Biofleisch beim Hofladen. Die Brille beim Optiker (aber auch nicht zwingend in der Innenstadt). Eventuell Kleidung wie Schuhe, die ich lieber vorher anprobieren möchte.
Es geht auch ohne Kaufhäuser: Zeit, die Innenstadt neu erfinden.

Die Zeiten, wo die Stadtkerne reine Konsumzonen zum Einkaufen waren, sind wahrscheinlich vorbei. Die Fußgängerzonen veröden zusehends, das Niveau der Geschäfte wie auch des Publikums sinkt kontinuierlich. In weniger kaufkräftigen Regionen wie dem Ruhrgebiet bestimmen längst dominieren längst Shishabars, Sportwettbüros, Handyläden und Dönerimbisse das Bild. Dazu ein paar KIK und Kodi-Märkte.
Ich denke die Innenstädte sollten wieder bewohnt werden. Wir müssen weg von der reinen Nutzung für Konsumzwecke. Es müssen wieder Menschen in den Innenstädten leben. Reißt die Kaufhausklötze ab und schafft neue Nutzungsmöglichkeiten.
Je schneller die Kaufhäuser verschwinden, desto besser. Hochwertiger Wohnraum, gehobene Gastronomie. Kunst und Kultur. In B-Lagen aber auch wieder gewerbliche Nutzung. Und den Autoverkehr sollte man im Zeitalter der E-Mobilität vorsichtig wieder etwas in die Städte hinein lassen. Je länger der überfällige Wandel verzögert wird, umso schwieriger und aufwändiger wird es.
Wenn erstmal halbe Straßenzüge heruntergewirtschaftet sind und zahlreiche Geschäfte leer stehen, wird es immer schwerer, die Entwicklung in eine Positive Richtung zu drehen. Corona wird diese Entwicklung in nicht vorhersehbarer Weise beschleunigen.