Keine Frage: Elektromobilität hat in Deutschland keinen leichten Stand. Deutschland ist eine „Verbrennernation“. Nikolaus Otto hat den Ottomotor erfunden, Rudolf Diesel den Dieselmotor, und – der Vollständigkeit halber – Felix Wankel den Wankelmotor. Was Engländer bei der Dampfmaschine geleistet haben, haben Deutsche beim Verbrennungsmotor erreicht. In den letzten hundert Jahren haben deutsche Automobilhersteller den Verbrennungsmotor immer weiter perfektioniert. Und damit soll jetzt plötzlich Schluss sein?
Eigentlich war der Elektromotor schon immer die bessere Lösung.
Der Verbrennungsmotor hat technisch bedingt einen relativ geringen Wirkungsgrad. Er muss die Hubbewegung des Kolbens mechanisch mit der Pleuelstange und der Kurbelwelle in eine Drehbewegung umsetzen. Das ist verlustreich, weil Reibung auftritt. Es erfordert außerdem eine aufwändige Schmierung. Ein Großteil der eingesetzten Energie wird nicht in Bewegung, sondern in Wärme umgesetzt, die durch Kühlung abgeführt werden muss. Das Drehmoment ist nur in einem relativ engen Drehzahlbereich optimal, weswegen ein aufwändiges Getriebe für die Kraftübertragung benötigt wird.
Der Elektromotor braucht das alles nicht.
- Er setzt den elektrischen Strom direkt in eine Drehbewegung um.
- Er muss kaum gekühlt werden
- hat außer den Lagern keine Verschleißteile
- Seine Drehzahl lässt sich stufenlos regulieren
- Er hat auch bei niedriger Drehzahl ein mächtiges Drehmoment.
Er hatte nur einen Nachteil: Er war nicht mobil genug, weil es keine Batterien gab, die leistungsfähig genug waren, ein Auto über lange Strecken anzutreiben. Bei der Bahn ließ sich das Problem mit der Oberleitung elegant lösen. Beim Auto scheidet diese Lösung aus.
Mobilität – das große Plus des Verbrennungsmotors
Der große Pluspunkt des Verbrennungsmotors: Er braucht kein Kabel, kann in zwei Minuten aufgetankt werden und funktioniert völlig ortsunabhängig. Elektroautos hatten zu wenig Reichweite. Elektromobilität scheiterte an unzureichenden Akkus.
Bis vor wenigen Jahrzehnten gab es praktisch nur Bleiakkus, die viel zu wenig Energie für einen längeren Fahrbetrieb speichern, eine zu geringe Lebensdauer hatten und vor allem viel zu lange brauchten, um aufzuladen. Ein Auto mit Diesel- oder Benzinmotor kann hingegen genug Energie für 600km und mehr in seinem Tank mitführen- ein unschlagbarer Vorteil.
Aus diesem Grund sind alle früheren Versuche, Elektroautos zu bauen, erfolglos gewesen. Und es gab durchaus schon vor fast 100 Jahren erste Bemühungen in dieser Richtung. Schon damals war klar, dass der Elektromotor jeder Verbrennungskraftmaschine überlegen war. Deshalb sind ja Dampfmaschinen und Dieselmotoren bei der Bahn verschwunden und deshalb arbeiten in unseren Fabriken und Wohnhäusern Elektromotoren und keine Verbrennungsmotoren.
Bessere Akkus machen Elektromobilität technisch machbar.
Dieser Hauptvorteil entfällt jetzt aber zusehends. Moderne Lithiumakkus erzielen bereits Reichweiten von über 400 km. Die Entwicklung immer besserer Akkus hat rapide an Fahrt aufgenommen. Noch Haben Elektroautos deutliche Schwächen. Viele aktuelle Modelle haben nur um die 200-300 km Reichweite. Die Ladezeiten könnten kürzer sein.
Es muss bisher noch Kobalt in den Akkus verbaut werden. (Kobalt wird allerdings auch gebraucht, um bestimmte Bauteile von Verbrennern zu bauen – das wird von den Freunden des Verbrennungsmotors gerne verschwiegen). Es ist jetzt absehbar, dass künftige Akkus bald ohne Kobalt auskommen werden. Gleichzeitig steigen die Reichweiten, die Fertigungskosten sinken und Lebensdauer und Schnelladefähigkeit werden sich weiter verbessern.
Noch sind Elektroautos teuer. Das liegt zum einen an den geringen Stückzahlen, zum anderen an den immer noch sehr teuren Akkus. Wenn die Stückzahlen größer werden, werden sowohl die Autos wie die Akkus billiger werden. Wenn der Akku als teuerstes Bauteil wesentlich günstiger wird, werden Elektroautos auch in der Anschaffung unschlagbar billig sein. Noch sind sie ohne Subventionen meist um die 10.000 Euro teurer als ähnlich ausgestattete Benziner oder Hybridfahrzeuge.
Elektromobilität wird für die Masse bezahlbar: Die ersten wirklich preiswerten Elektroautos kommen
Während es derzeit kaum Ein Elektroauto für unter 30.000 Euro gibt, arbeiten die Hersteller schon an Billigangeboten. Dacia arbeitet an einem E-Auto, das in Deutschland – den staatlichen Zuschuss mit einberechnet – schon für um die 10.000 Euro verkauft werden wird. Tesla arbeitet an einem Auto dass um die 25.000 Euro zu haben sein wird. Damit stoßen Elektroautos in das Preissegment des Massenmarktes vor und werden konkurrenzfähig. Dabei steht diese Entwicklung noch ganz am Anfang.

Warum die deutsche Autoindustrie jetzt auf Elektromobilität setzen muss.
Der Umstieg auf Elektroauto ist eine Zeitenwende für die etablierten Autohersteller. Es kommen neue Konkurrenten auf den Markt, die zwar keine Erfahrung im Karosseriebau haben, aber dafür das Elektroauto von Grund auf neu denken können. Firmen wie Tesla in den USA oder Nio aus China sind dabei, das Auto von Grund auf neu zu entwickeln. Tesla ist von nur relativ wenigen Zulieferern abhängig und hat vor allem die gesamte Software für seine Fahrzeuge selbst entwickelt. Die meisten E-Autos von deutschen Herstellern sind noch mehr oder weniger Adaptionen der Elektrotechnik an bestehende Konzepte.
VW hat die Herausforderung der Elektromobilität begriffen
VW-Vorstandschef Herbert Diess ist wohl einer der wenigen deutschen Automanager die die ganze Tragweite der Entwicklung begriffen haben. Das Aus für den Verbrennungsmotor kommt welt weit mit großen Schritten. Fast alle europäischen Länder arbeiten am Ausstieg aus dieser Technik. Auch in China, dem wichtigsten Auslandsmarkt für die deutsche Industrie werden immer mehr Elektroautos nachgefragt und gebaut. Es ist jetzt schon absehbar, dass die Elektromobilität mit dem Einstieg Chinas in die weltweite Autoindustrie einhergehen wird.
Die deutschen Autohersteller verkaufen 2/3 ihrer Produkte ins Ausland. Deutschland und auch die EU alleine ist als Markt viel zu klein, als dass die Autoindustrie in ihrer heutigen Größe überleben kann.
Trotzdem unvermeidlich: Jobverluste in der Autoindustrie.
Dennoch wird diese Entwicklung in Deutschland zahlreiche Arbeitsplätze kosten. Selbst dann wenn Deutschland seine heutige Bedeutung in der weltweiten Autoindustrie beibehalten sollte, was unwahrscheinlich ist. Denn neue Hersteller aus China und anderen Ländern werden auf den Markt drängen und Tesla wird seine Marktanteile weiter ausbauen.
Die Jobverluste sind strukturell bedingt. Ein Elektroauto kommt konstruktionsbedingt mit viel weniger Bauteilen aus.
Ein Auto mit Verbrennungsmotor hat zahlreiche komplexe Nebenaggregate und mechanische Bauteile, die künftig alle entfallen:
- Der Verbrennungsmotor als solcher (viel komplexer im Bau)
- Getriebe (Radnabenmotoren werden es ganz überflüssig machen)
- Starterbatterie
- Anlasser
- Einspritzpumpe
- Kraftstoffpumpe
- Kühler und Kühlwasserpumpe
- Kupplung
- Auspuffanlage inklusive Katalysator
Die meisten dieser Bauteile stammen von Zulieferern. Schon jetzt werden dort tausende von Jobs gestrichen. Diese Entwicklung wird sich drastisch beschleunigen. Tesla hat angekündigt, die tragenden Karosserieteile künftig in einem Stück aus Aluminiumdruckguss zu fertigen. Das soll laut Tesla-Chef Elon Musk die Zahl der Karosserieteile von 70 auf zunächst 4 reduzieren bis dann schließlich die ganze Karosserie im wahrsten Sinne des Wortes „aus einem Guss“ hergestellt wird.
Es wird weniger Kfz-Werkstätten geben
Nicht nur in der Produktion, auch bei den Kfz-Werkstätten wird sich eine Menge verändern. Es wird viel weniger Werkstätten geben, weil es viel weniger zu warten und zu reparieren gibt. Abgastests entfallen ebenso wie Ölwechsel, das Nachfüllen von Kühlflüssigkeit, das Erneuern von Kupplungsbelägen, Keilriemen, Zahnriemen und all den anderen mechanischen Komponenten die verschwinden. Wenn bei der Karosserie in Zukunft die tragenden Teile aus Aluminiumdruckguss bestehen, wird es auch kaum noch Rostschäden geben. Elektroautos könnten damit wartungsärmer und wesentlich langlebiger als die heutigen Autos werden.
Elektroautos und künstliche Intelligenz werden den Autoverkehr völlig verändern.
Auf lange Sicht geht es um mehr als einen neuen Antrieb. 100 Jahre diente das Auto auch als Statussymbol. Menschen identifizierten sich über das eigene Auto. Das wird schon heute anders. Es geht in Zukunft um Mobilität an sich, nicht darum, sich ein Auto als Statussymbol vor die Tür zu stellen. Wenn Die Klimaziele der EU – wie sinnvoll auch immer die sein mögen – erreicht werden soll, muss auch die Zahl der Autos drastisch verringert werden. Besonders in den Städten.
Die Zahl der Autos in der EU muss nach diesen Plänen um etwa 50 % verringert werden. Das Familien wie heute üblich, zwei oder drei PKW besitzen, wird es nicht mehr geben. In Städten wird das private Auto von autonom gesteuerten Fahrzeugen abgelöst werden, die man mit dem Smartphone bei Bedarf per App rufen kann.
Das Elektroauto der Zukunft kommt ohne Fahrer aus.
Elektromobilität der Zukunft wird weitgehend automatisiert sein un dohne menschliches Eingreifen funktionieren. Ein Auto kann ähnlich wie heute ein Taxi per App herbeigerufen werden, allerdings ohne Fahrer (was die Kosten senkt). Die kosten werden bargeldlos pro Fahrt beglichen. Für Vielfahrer die ein „eigenes“ Auto brauchen, werden sich Abomodelle durchsetzen.
Volvo ist bereits dabei, dieses Konzept einzuführen. Man kauft das Auto nicht, sondern mietet es für einen monatlichen Betrag. Reparaturen, KFZ-Steuer und Versicherung sind dabei in der Monatsmiete enthalten. Wird das Auto nicht benötigt kann der Mietvertrag kurzfristig beendet werden, so dass man nur dann für ein Auto zahlt, wenn es auch wirklich gebraucht wird.
Das eigene Auto wird zur absoluten Ausnahme werden.
Heute stehen Autos 90 % ihrer Lebenszeit irgendwo herum, während die Besitzer bei der Arbeit sind, schlafen oder sonstwie beschäftigt sind. In Zukunft werden eigene Autos die Ausnahme sein. Vielleicht werden sich sehr reiche Menschen noch eigene Autos leisten. Aber der Regelfall wird es sein, dass wir uns ein Auto bei Bedarf rufen. Und es nach Gebrauch wieder abgeben.
Auf diese Weise können Autos permanent genutzt werden und die langen Standzeiten gehören der Vergangenheit hat. Das einzelne Fahrzeug steht viel weniger und es werden insgesamt viel weniger Autos gebraucht als heute. Da die Autos autonom fahren wird man auch keinen Führerschein mehr für die Benutzung brauchen. (Ja, auch auf Fahrschulen kommen langfristig schwierige Zeiten zu)
Wie lange wird das dauern?
Ich gehe davon aus, dass der Wechsel zur E-Mobilität sich schon in den nächsten zwei Jahren europaweit massiv beschleunigen wird. Im Jahr 2025 werden sicher schon 15-20 % der Neuzulassungen rein elektrisch fahren und dann wird es zunehmend schneller gehen. Wenn eine Technik erst einmal die Kinderkrankheiten überwunden hat, geht es sehr schnell. Wie lange hat es gedauert, bis der CD-Player die Schallplatte verdrängt hat? Und wie schnell wurde die CD dann von Streamingdiensten verdrängt? Es hat nur wenige Jahre gedauert, bis digitale Kameras den analog Film verdrängt haben. Auch der Wechsel vom Verbrenner zum Elektroantrieb wird am Ende sehr zügig vor sich gehen.
Übrigens gab es ähnliche Argumente wie sie heute gegen Elektroautos vorgebracht werden schon bei der Einführung der ersten Autos mit Benzinmotor vor über 100 Jahren. (Zu gefährlich, können abbrennen, es gibt nicht genug Tankstellen, woher soll das ganze Benzin kommen, das Pferd ist erprobt und sicherer uswusf.) Wir wissen alle wie die Sache am Ende für die Pferde ausgegangen sind. Pferde sind heute ein Nischenprodukt für Unterhaltungszwecke.